In diesem Teil der Serie „Wissenschaftliches Arbeiten für Bachelor- und Masterarbeiten“ wollen wir euch ein paar Tipps und Tricks zum Thema „How to … Literatur – was ist relevante und „gute“ Literatur“ geben die euch bei euren Bachelor- und Masterarbeiten unterstützen können.
In den vorangegangenen Artikeln haben wir geklärt, warum wir eigentlich unsere wissenschaftlichen Arbeiten in existierender Literatur fundieren müssen und auch wie wir einfach zitieren können. In diesem Artikel wollen wir die Frage klären, was eigentlich relevante und „gute“ Literatur ist und woher wir diese Referenzen für unsere Theorie-Arbeit bekommen können. Prinzipiell müssen wir beachten, je „besser“ die verwendete Literatur, desto glaubhafter und besser wird die Argumentation in unserer wissenschaftlichen Arbeit.
Das heißt, je fundierter die verwendete Literatur in unserer Arbeit ist, desto besser können wir unsere darauf aufbauende Argumentation verteidigen (kurzer Abstecher: der wissenschaftliche Prozess sieht kritisches Hinterfragen sämtlicher wissenschaftlichen Argumente, Erkenntnisse und damit auch sämtlicher Arbeiten vor. Das bedeutet, das auch ihr eure Argumentation in euren Arbeiten kritisch hinterfragen und damit auch verteidigen müsst).
Die kurze Antwort: es ist in vielen Fällen gar nicht so einfach, Qualität und Relevanz existierender Literatur zu beurteilen. Good News: es gibt ein paar „Guiding Principles“.
Die ausführliche Antwort: 1) die Fähigkeit existierende Literatur zu finden, lesen, verstehen, interpretieren und beurteilen zu können muss jeder*jede Wissenschaftler*in sich aneignen. 2) es gibt durchaus objektive Charakteristika und Faktoren, anhand welcher wir die Relevanz und Qualität beurteilen können – hier ein kleiner Auszug, Details weiter unterhalb (keine Reihung nach Wichtigkeit):
Welche Art von Beitrag zur Literatur beurteilen wir? Handelt es sich um einen Peer reviewed Journal Article oder Scientific Paper, ein Buch, ein Kapitel aus einem Sammelwerk, statistische Daten oder einen online Blog-Beitrag (empfehlenswert hierzu: Sheppard, 2020). Grundsätzlich arbeiten wir in wissenschaftlicher Forschung großteils mit Peer reviewed Journal Beiträgen aus qualitativ hochwertigen Journals (Warum? Hierzu ein Beitrag zum Thema: „warum wir Literatur in unseren wissenschaftlichen Arbeiten verwenden“).
Impact Factor: Impact Factors sind Indikatoren, die den Impact der Academic Journals errechnen und somit eine Beurteilung des Einflusses eines bestimmten Journals (und teilweise auch von einzelnen Artikeln – hierzu Waltman und Traag, 2021) innerhalb eines Forschungsbereiches ermöglichen sollen. Generell gilt die Annahme, je höher der Impact Factor (hier gibt es verschiedene Indizes), desto höher der scheinbare Einfluss des Journals im jeweiligen Bereich. Eine empfehlenswerte Meinung hierzu von Curry (2018) – der Impact Factor von Journals und auch der Impact Factor einzelner Wissenschaftler*innen muss mit Vorsicht beurteilt werden. Obwohl diese Indizien in der eigenen Beurteilung immer kritisch hinterfragt werden müssen, können wir annehmen, dass Journals mit höherem Impact Factor und Wissenschaftler*innen mit höherem H-Index (hierzu Bornmann und Daniel, 2007) tendenziell einflussstärkere Artikel publiziert haben als vergleichbare Journals und Autoren*innen. Immer beachten: auch wissenschaftliche Artikel, Journals und Autoren*innen lassen sich aber im Endeffekt nicht auf Indizien reduzieren, besonders dann nicht, wenn ihr eine Beurteilung ihrer Beiträge vornehmen möchtet! (eine weitere, kurze Zusammenfassung hierzu von Eastwood, 2021)
Citations: die Anzahl der Citations eines Artikels gibt an, wie oft der Beitrag von anderen Beiträgen zitiert worden ist und kann daher als Proxy für den Einfluss des Artikels gesehen werden. Auf der einen Seite gilt: je öfter der Artikel zitiert wurde, desto einflussreicher (~ wertvoller) scheint dieser im wissenschaftlichen Diskurs zu sein. Dieser Faktor ist jedoch mit Vorsicht zu beurteilen: in gewissen Domains oder Bereichen erreichen Beiträge oft nicht sehr hohe Citation-Zahlen (da z.B. der Bereich allgemein nicht sehr verbreitet scheint); und, wenn ein Artikel erst vor Kurzem publiziert wurde, sind die Citation-Zahlen noch niedrig, da der Artikel noch nicht sehr stark im wissenschaftlichen Diskurs verbreitet wurde. (Warum wir zitieren müssen? Eine kurze Zusammenfassung hierzu; auch hierzu: MIT – academic integrity)
State-of-the-Art: Grundsätzlich versuchen wir immer, auf Basis der neuesten Erkenntnisse zu arbeiten (jüngeres Datum); dies bedeutet, wir versuchen immer die neuesten Publikationen zu einem Thema für unsere Arbeiten heranzuziehen. Wir gehen davon aus, dass neue Erkenntnisse bereits weiter zurück publizierte Beiträge erweitern und den wissenschaftlichen Diskurs in einem Themengebiet weiterentwickeln. Achtung: hier gilt es aber Vorsicht walten zu lassen – um sich in ein Thema einlesen zu können, genügt es nicht, die jüngsten Artikel zu einem Thema zu lesen. Hierzu müssen wir auch ältere, einflussreiche Artikel die den Grundstein für spätere Arbeiten gelegt haben, lesen, verstehen und interpretieren. Als State-of-the-Art des wissenschaftlichen Diskurses bezeichnet man den derzeitigen Wissensstand zum jeweiligen Thema, auf dessen Basis weitere Studien, Papers, Dissertation etc. aufbauen (vgl. Oliveira et al., 2019).
Inhaltliche Relevanz: ein weiterer essenzieller Faktor ist die inhaltliche Relevanz des Beitrages für eure Arbeit. In welchem Kontext steht eure Arbeit und in welchem Kontext steht der Beitrag den ihr gerade liest? Eine Frage, ein Thema, eine Problemstellung kann aus vielerlei Sichtweisen betrachtet werden – daher ist für eure Interpretation sehr wichtig, dass ihr den Inhalt immer in dessen Kontext siehst.
Zugriff: kurz zusammengefasst – arbeitet nur mit Literatur, zu jener ihr auch vollständigen Zugriff habt; dies bedeutet: könnt ihr den Beitrag in eurem Literaturverwaltungsprogramm auf eurem Rechner speichern und habt vollen Zugriff auf das Dokument? Wenn ja: super, ihr könnt den Beitrag heranziehen. Wenn nicht, dann musst ihr weitersuchen. Voller Zugriff bedeutet, dass ihr zu jeder Zeit den Journal Article, das Buch oder sonstige Beiträge griffbereit habt und zu jederzeit im Zuge des wissenschaftlichen Diskurses euch darauf beziehen könnt.
Zuallererst müssen wir identifizieren, um welches Format es sich bei der gefundenen Literatur handelt. Wie ihr nämlichen in den nächsten Schritten sehen werdet, gibt es pro Format unterschiedliche Parameter zur Beurteilung. Let’s start!
Journals: mit einem Peer reviewed Journal seid ihr auf der sicheren Seite. Wieso? Diese Journals durchlaufen im Gegensatz zu den anderen Formaten strenge Qualitätschecks. Was bedeutet das? 2-3 Expert*innen prüfen den Article ohne zu wissen wer diesen verfasst hat. Somit können jegliche Voreingenommenheit gegenüber dem*der Autor*in bei der Beurteilung ausgeschlossen werden. Als Endergebnis haben wir eine objektive, kritisch hinterfragte Quelle vor uns liegen, welche rein für die Wissensbereicherung publiziert worden ist. Tipp: falls ihr euch unsicher seid ob das Journal Peer reviewed ist einfach drauf los googeln (vgl. Sheppard, 2020).
Bücher: für die Beurteilung eines Buches solltet ihr ein besonders Augenmerk auf den Verlage legen. So könnt ihr euch bereits einen allersten Überblick schaffen. Bücher die z.B. von Springer/Gabler verlegt wurden sind grundsätzlich zitierfähig. Jedoch solltet ihr noch weitere Kriterien prüfen wie z.B. vertritt der*die Autor*in hier sehr stark seine*ihre eigene Meinung oder bezieht er*sie sich auch auf andere zitierfähige Quellen. Wie viel Quellen wurden verwendet und wie wurde bei der Quellensuche vorgegangen? Wurde ein systematischer Ansatz gewählt oder einfach „drauf losgesucht“? Wichtig: Ihr solltet bei der Verwendung von Büchern immer zwei Dinge im Hinterkopf haben: 1) ein Buch braucht seine Zeit bis es verfasst worden ist. Das heißt, Dinge die sich schnell ändern, können oft mit einem Buch nicht ausreichend gut argumentiert werden. 2) das Ziel beim Verfassen eines Buches ist der Verkauf d.h. hinterfragt immer kritisch den Inhalt.
Statistiken: Franklin D. Roosevelt sagte einmal: „Ich stehe Statistiken etwas skeptisch gegenüber. Denn laut Statistik haben ein Millionär und ein armer Kerl jeder eine halbe Million“. Was heißt das für euch? Nehmt eine Statistik immer genau unter die Lupe und hinterfragt sie kritisch. Das heißt, wer ist der*die Auftraggeber*in gewesen und wer hat sie durchgeführt? Ist es nachvollziehbar, wie diese Daten entstanden sind? Handelt es sich um eine Teilerhebung und wenn ja, wie schaut die Grundgesamtheit dazu aus? Ist diese Statistik noch aktuell oder kommt sie aus dem Jahre Schnee? Achtung: ihr solltet eure Argumentation nie auf einer Statistik aufbauen. Sie ist eher ein Tool für die Untermauerung eurer Argumentation. Pssst anbei noch zwei Links, wo ihr gute Statistiken finden könnt: Data as Sources oder Social Science Data Sources
Online Materialien (Webseiten, Blogs etc.): bei dieser Art von Quelle ist Vorsicht geboten. Grund dafür ist die freie Zugänglichkeit durch das Web 2.0. Das heißt jede Person mit einem Internetzugang kann Inhalte erstellen. Die Objektivität der Quelle ist somit in vielen Fällen nicht geben. Es macht jedoch manchmal Sinn trotzdem darauf zurückzugreifen. Dies kann z.B. der Fall sein, wenn ihr Best Practice Beispiel für die Untermauerung eures Arguments benötigt. Oder wenn ihr irgendwelche ergänzenden Daten zu einer Statistik braucht, um bessere Schlüsse ziehen zu können. All in all das Beurteilen der Quelle erfordert Fingerspitzengefühl und sollte nur in gewissen Situationen herangezogen werden.
Wenn ihr mehr hierzu wissen möchtet, schreib mir einfach unter dietmar.kappel@campus02.at, auf LinkedIn https://www.linkedin.com/in/dietmarkappel/ oder kontaktiert gerne unseren Studiengang – wir helfen euch sehr gerne weiter! Natürlich auch wenn ihr kein Student mehr seid und weitere Fragen zum Beurteilen „guter“ Literatur habt.
Viel Spaß beim Forschen, Schreiben und Zitieren
Dietmar & Sophie
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Referenzen (APA, 7th Edition):
Bornmann, L., & Daniel, H.-D. (2007). What do we know about the h index? Journal of the American Society for Information Science and Technology, 58(9), 1381–1385. https://doi.org/10.1002/asi.20609
Curry, S. (2018). Let’s move beyond the rhetoric: It’s time to change how we judge research. Nature, 554(7691), 147–147. https://doi.org/10.1038/d41586-018-01642-w
Eastwood, M. (2021). Library Guides: Citation Analysis & Bibliometrics: Journal Impact & Impact Factor. https://libguides.du.edu/c.php?g=204307&p=1348066
Oliveira, O. J. de, Silva, F. F. da, Juliani, F., Barbosa, L. C. F. M., & Nunhes, T. V. (2019). Bibliometric Method for Mapping the State-of-the-Art and Identifying Research Gaps and Trends in Literature: An Essential Instrument to Support the Development of Scientific Projects. In Scientometrics Recent Advances. IntechOpen. https://doi.org/10.5772/intechopen.85856
Sheppard, V. (2020). Research Methods for the Social Sciences: An Introduction. https://pressbooks.bccampus.ca/jibcresearchmethods/
Waltman, L., & Traag, V. A. (2021). Use of the journal impact factor for assessing individual articles: Statistically flawed or not? F1000Research, 9, 366. https://doi.org/10.12688/f1000research.23418.2
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