In diesem Teil der „How to …“-Serie „Wissenschaftliches Arbeiten für Bachelor- und Masterarbeiten“ zeigen wir Schritt für Schritt, wie ihr eine präzise, relevante und originelle Forschungsfrage formuliert.
Sie bildet das „Herzstück“ eurer Arbeit: Sie definiert den inhaltlichen Rahmen, legt Methodik und Analyseweg fest und entscheidet, ob ihr eine echte Wissenslücke füllt (Maxwell, 2013). Ohne klar definierte Frage fehlt Struktur und Ziel – die Arbeit droht, sich von Anfang an zu verzetteln (Creswell, 2014).
Interessenfeld wählen: Wählt ein Themengebiet, das euch persönlich motiviert (Bryman, 2016). Im Anschluss führt ihr eine gründliche Literaturrecherche durch: Nutzt Datenbanken (z. B. Web of Science, Scopus) und identifiziert sogenannte „weiße Flecken“ – Aspekte, die bisher wenig oder gar nicht untersucht wurden (Booth, Sutton & Papaioannou, 2016). Theoretische Frameworks prüfen: Schaut, welche Konzepte, Modelle und Methoden bereits verwendet wurden (Flick, 2018) und überlegt, welche Frameworks für eure Arbeit relevant sein können bzw. auch wie ihr eure Arbeit von existierenden Frameworks abgrenzen könnt.
Habt ihr eine Basis geschaffen und wurden Wissensdefizite in diesem Bereich identifiziert, dann beginnt ihr mit der Eingrenzung des Themas. Fokus festlegen: Engt euer Thema auf Branche, Region oder Zielgruppe ein (z. B. Brand Hate im E-Commerce) (Ridley, 2012). In manchen Arbeiten wird zu diesem Zeitpunkt auch schon die theoretische Sichtweise (theoretical lens) festgelegt – d.h. üblicherweise definiert man hierbei auch die Sichtweise, die man verwendet, um das Thema zu bearbeiten. Theoretische Linse bestimmen: Entscheidet euch bewusst für eine Perspektive (z. B. Konsumentenpsychologie, Dynamic Capabilities, Brand Hate) und begründet, warum diese Sichtweise neue Erkenntnisse verspricht (Maxwell, 2013). Wichtig ist, dass man sich auf eine Sichtweise festlegt (und dieses Festlegen gut argumentieren kann). Innovationspotenzial prüfen: Ein neuer Blickwinkel auf ein bekanntes Phänomen kann ebenfalls eine originelle Fragestellung generieren (Leavy, 2017). So könnte zum Beispiel die Anwendung der Strategischen Sichtweise eine neue Art sein, wie man sich dem Thema Brand Hate nähert.
Beim Formulieren der Forschungsfrage müsst ihr darauf achten, dass diese kurz und prägnant ist und das Wesentliche eurer Arbeit widerspiegelt. Ein guter Tipp ist: Denkt beim Ausformulieren einfach daran, was ihr mit dieser Arbeit beantworten möchtet. Zudem sollte die Frage eine W-Frage und nicht mit Ja oder Nein zu beantworten sein. Offen und W-Fragentypisch: Beginnt mit Wie?, Was?, Warum? und vermeidet Ja/Nein-Fragen (Weiss, 1994). Ebenfalls ist auf Vorvermutungen und Wertungen sowie Abkürzungen zu verzichten. Kurz, prägnant, ohne Vorannahmen: Verwendet klare, einfache Sprache – keine Abkürzungen oder wertenden Formulierungen (Ridley, 2012). Maximal eine zentrale Frage: legt euch auf die eine Forschungsfrage fest, die ihr behandeln möchtet (Maxwell, 2013).
Eine Forschungsfrage kann grundsätzlich in unterschiedliche Kategorien untergliedert werden:
Ihr fragt euch vielleicht, ob die beispielhaften Forschungsfragen oberhalb detailliert und explizit genug sind. Dies ist relativ schwierig zu beantworten, da dies vollkommen vom Kontext und dem Status-Quo im wissenschaftlichen Diskurs (Literatur) abhängig ist.
Ist zum Beispiel ein Thema noch relativ neu und „unerforscht“, so können sich zu Beginn breite Forschungsfragen ergeben: Wie ist der steigende Mangel an qualifizierten Arbeitskräften im stationären Handel zu bewerten? oder Welche Chancen und Risiken ergeben sich beim Einsatz von AR-Technologien in Verkaufspräsentationen im Business to Business Bereich?
Ist das Thema jedoch schon gut erforscht und gibt es schon einen ausgeprägten, detaillierten, wissenschaftlichen Diskurs zum Thema, müsste man die Forschungsfrage detaillierter und präziser formulieren, um dem aktuellen Stand des wissenschaftlichen Diskurses gerecht zu werden: Welche Auswirkung hat die Einführung von X auf das Verhalten von Y?
Abschließend haben wir euch noch ein paar Kriterien für eine gute Forschungsfrage zusammengefasst:
Es zählt zum guten Ton in wissenschaftlichen Arbeiten (Bachelorarbeiten, Masterarbeiten, Dissertationen, Research Papers, etc.), meist zum Ende hin, offene (Forschungs-)Fragen darzustellen. Fragen, die sich einerseits aus der Literaturrecherche ergeben haben, aber keinen Platz in dieser Arbeit finden, oder auch Fragen, die sich direkt aus deiner Arbeit ergeben. Dies fördert den wissenschaftlichen Diskurs insofern, als dass wir mehr Forscher*innen die Chance geben, eine interessante Fragestellung in einem interessanten Thema bearbeiten zu können. Hier gilt (ein Klischee, aber trifft hier voll zu): Wissen zählt zu den wenigen Dingen, die sich vermehren, wenn man sie teilt!
Und ein Tipp noch: when in doubt, frag‘ doch einfach bei uns oder bei deinem*deiner Betreuer*in nach – wir helfen immer gerne! Schreibt uns einfach eine Nachricht an dietmar.kappel@campus02.at (auch über LinkedIn erreichbar https://www.linkedin.com/in/dietmarkappel/) oder kontaktiert unser Department unter ms@campus02.at. Wir helfen euch sehr gerne weiter, natürlich auch wenn ihr keine Studierenden mehr seid und weitere Fragen zu dem Thema Forschungsfrage habt.
Viel Spaß beim Forschen und Schreiben,
Dietmar
Booth, A., Sutton, A., & Papaioannou, D. (2016). Systematic approaches to a successful literature review (2nd ed.). SAGE.
Bryman, A. (2016). Social research methods (5th ed.). Oxford University Press.
Creswell, J. W. (2014). Research design: Qualitative, quantitative, and mixed methods approaches (4th ed.). SAGE.
Flick, U. (2018). The SAGE Handbook of Qualitative Data Collection. SAGE.
Hart, C. (1998). Doing a literature review: Releasing the social science research imagination. SAGE.
Hulley, S. B., Cummings, S. R., Browner, W. S., Grady, D. G., & Newman, T. B. (2007). Designing clinical research (3rd ed.). Lippincott Williams & Wilkins.
Leavy, P. (2017). Research design: Quantitative, qualitative, mixed methods, arts-based, and community-based participatory research approaches. Guilford Press.
Maxwell, J. A. (2013). Qualitative research design: An interactive approach (3rd ed.). SAGE.
Petticrew, M., & Roberts, H. (2006). Systematic reviews in the social sciences: A practical guide. Wiley.
Ridley, D. (2012). The literature review: A step-by-step guide for students (2nd ed.). SAGE.
Weiss, C. H. (1994). Evaluation: Methods for studying programs and policies (2nd ed.). Prentice Hall.
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