In unserem vorherigen Teil der How to… Serie haben wir euch einen allgemeinen Überblick über qualitative Untersuchungsmethoden gegeben. Diesmal und in weiteren Beiträgen möchten wir näher auf einzelne Methoden und Forschungstraditionen eingehen. Für diesen Beitrag haben wir uns für die Grounded Theory entschieden.
Das Ziel der Grounded Theory ist es, aus Daten eine neue Theorie zu entwickeln. Dabei ist es wichtig zu erwähnen, dass sie keine einzelne Methode wie z. B. Experteninterviews umfasst, sondern eine Forschungstradition verkörpert. Entwickelt wurde diese von Glaser und Strauss. Sie wird von ihnen als ein systematischer Ansatz für das gleichzeitige Erheben, Analysieren und Interpretieren von qualitativen Daten bezeichnet. Diese Tradition umfasst mehrere Verfahren und Methoden (z. B. Experteninterviews und Konsumenteninterviews), welche ineinandergreifen und sich gegenseitig ergänzen. Das Ziel ist, so lange Daten zu sammeln und auszuwerten, bis keine neuen Erkenntnisse mehr entstehen (= theoretische Sättigung).
Wichtig: Das Besondere an Grounded Theory ist, dass der*die Forscher*in zwischen Theorie und Literatur, Datensammeln und Datenauswerten regelmäßig und gleichzeitig hin und her springt, sodass eine wechselseitige Beziehung zwischen den einzelnen Schritten entsteht.
Bei der Anwendung von Grounded Theory sind unter anderem diese Schlüsselelemente zu beachten:
Das theoretische Sampling beginnt ab dem ersten Analyseergebnis. Werden z. B. Experteninterviews durchgeführt, stellt das erste Interview die Ausgangsbasis für das nächste dar. So kann es passieren, dass sich beim ersten Interview eine wichtige Komponente für eure Forschungsfrage herauskristallisiert.
Ihr wollt zum Beispiel eine Theorie darüber entwickeln, welche Faktoren die Arbeitszufriedenheit von Mitarbeiter*innen während des Remote-Workings beeinflussen. Im ersten Interview stellt sich heraus, dass „Erfahrung im Umgang mit Technik“ eine wichtige Komponente zu sein scheint. Ihr wisst aber nicht konkret, welche Technik, welche Programme oder Software/Hardware ausschlaggebend sind. Ihr sucht euch nun im nächsten Schritt Interviewpartner*innen, die Expert*innen auf diesem Gebiet sind und euch Auskunft geben können oder ihr befragt die nächsten Interviewpartner*innen gezielt zu diesem Thema.
Die Idee ist, eure Theorie, die zuerst noch in Kinderschuhen steckt, immer weiter anzureichern. Es ist üblich, die Fragen in euren Interviews an die neuen Komponenten, die sich ergeben, anzupassen. Ihr könnt teilweise auf Interviewpartner*innen zurückgehen und eine Kompetente noch mal erfragen. Tipp: Deshalb bei Interviews nachfragen, ob ihr noch mal auf die Person zugehen dürft, wenn sich Fragen ergeben. Wenn ihr mehrere Runden absolviert habt und sich keine neuen Aspekte mehr finden, dann scheint eure Theorie Form angenommen zu haben und die theoretische Sättigung ist erreicht.
Im Codierungsprozess der gewonnenen Daten, in unserem Fall sind es die Transkripte, suchen wir als Forschende nach einheitlichen Kategorien, die wir benennen können. Wichtig ist dabei, dass wir zuerst offen vorgehen, d. h. das Transkript wird auf Sinneinheiten in Bezug auf eure Forschungsfrage durchsucht und markiert. Anschließend folgt ein erstes Clustern der Sinneinheiten (siehe Abbildung: 1st Order Concepts)
Ist der Prozess des offenen Codierens beendet, folgt der axiale Codierungsvorgang. Hier werden die bereits erstellten Cluster nochmals verdichtet und definiert (siehe Abbildung: 2nd Order Themes)
Abschließend wird in einem letzten Prozess durch einen selektiven Codierungsvorgang erneut verdichtet und Kategorien zu Kernkategorien zusammengefasst (siehe Abbildung: Aggregate Dimensions)
Das Schreiben von Memos zieht sich über den gesamten Forschungsprozess hinweg. Sie sind euch eine nützliche Stütze, was die Ideenenentwicklung, das Reflektieren und das Festhalten eures Forschungsstands betrifft. Sie stellen somit ein sehr wichtiges Tool für euch dar, um nicht die Orientierung zu verlieren und eure Forschung auf ein logisches Fundament aufzubauen.
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Wenn ihr mehr hierzu wissen möchtet, schreib uns einfach unter dietmar.kappel@campus02.at, https://www.linkedin.com/in/dietmarkappel/ oder kontaktiert unser Department. Wir helfen euch sehr gerne weiter, natürlich auch wenn ihr keine Studierenden mehr seid und weitere Fragen zum Thema Grounded Theory habt.
Viel Spaß beim Forschen und Schreiben,
Dietmar & Sophie
Literatur
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