Die digitale Revolution durchlief insbesondere im Handel einen Katalysator für Veränderung – die Covid-19 Pandemie. Retail E-Commerce Verkäufe stiegen im Jahr 2020 um über 26 % weltweit und werden dieses Jahr erstmalig 5.000 Milliarden US$ übersteigen. Das sind über 20 % aller Retail Sales – Tendenz steigend (eMarketer, 2022).
Der Vertriebskanal „online Shop“ war für viele Unternehmen in Zeiten von Corona-Lockdowns die einzige Möglichkeit des Verkaufens und auch Kund*innen haben in den letzten 2 Jahren grundsätzlich neues Kaufverhalten erlernt. Die Herausforderungen des klassischen Einzelhandels (siehe u. a. Hagberg et al, 2016) wurden durch diese Krise noch verschärft und Veränderungsprozesse beschleunigt.
Die großen Gewinner waren aber Plattformen – allen voran Amazon. Das Unternehmen profitierte überproportional von dem Umsatzwachstum im online-Handel. Zusätzlich schaffte es Amazon während der Pandemie nicht nur Käufer*innen auf die eigene Plattform zu bewegen, sondern auch anbietende Unternehmen. Die Gewinne mit Werbeplatzierungen wurden 2020 verdreifacht (eMarketer, 2020). Der seit einiger Zeit beobachtete „Amazon-Effekt“ wurde verstärkt.
Dieser beschreibt erhöhte Erwartungen von Konsument*innen bei Amazon fremden Einkaufserlebnissen durch die positive Einkaufs- und Serviceerfahrung über die Amazon-Plattform und das Bestreben des klassischen Handels und anderer E-Commerce Plattformen, mehr „wie Amazon“ zu sein (vgl. Jelodari Mamaghani & Davari, 2020).
Der Effekt wurde in der Vergangenheit primär mit der kundenorientierten Betrachtung der Lieferkettenlogistik verbunden z. B. 1-Tages Lieferungen, kostenloser Versand und Rückabwicklungen (Melnyk & Stanton, 2017). Der ‚Amazon-Effekt‘ hat aber auch in anderen Bereichen zu „customer impatience“ geführt (Daughtery et al., 2019) und die Erwartungshaltung von Kund*innen bezüglich Verfügbarkeit der Ware oder Umtauschmöglichkeiten stark geprägt.
Vollero et al. (2021) haben das Verständnis des ‚Amazon-Effekts‘ noch erweitert und schließen alle Aspekte des Handels ein, wo eine erhöhte Kundenerwartungen durch Erfahrungen mit Amazon eine Reduzierung der Kundenzufriedenheit bei Abweichungen mit anderen Handelsunternehmen (online und offline) herbeiführt. Sie geben eine Antwort aus Kundenperspektive für die von Solon & Wong (2018) bestimmte Terminologie „Death by Amazon“ und zeigen aus Kundensicht die Gründe für den Verfall des klassischen Handels in Anbetracht der dominanten Plattformkonkurrenz. Im Kern zeigen Sie, dass steigende positive Erlebnisse bei Amazon negativen Einfluss auf die Zufriedenheit im offline Handel haben – dies über reine Logistikaspekte hinaus.
Zunächst ist hier festzuhalten, dass aus Kundenperspektive Amazon als Fluch und Segen erscheint. Mit Amazon werden nicht nur positive Attribute assoziiert. Das Unternehmen steht in der Öffentlichkeit immer wieder in der Kritik. So bringt jeder Trend auch einen Gegentrend. Eine wachsende Gruppe dieses Gegentrends sind‚ „Ethically Minded Consumer Behaviour“(EMCB) -Konsument*innen. Deren Einkaufsverhalten durch moralische Grundsätze, Normen und Werte geprägt wird (vgl. Sánchez-González et al., 2020). Erste Studien mit Fokusgruppen zeigen, dass Konsument*innen auf der Suche nach Alternativen sind (hier besonders regional und nachhaltig im Vordergrund). Zu Amazon wird gesagt: „Ich hasse es, dass ich es liebe„. Es gibt eine wachsende Konsument*innenanzahl, die auf der Suche nach Alternativen sind. Die Vorzüge – insbesondere das Servicelevel – müssen dabei auf dem gleichen Niveau bleiben.
Unternehmen müssen es schaffen, die Einfachheit der Abwicklung, Kulanz und allgemeine Kundenorientierung an den Tag zu legen, wie man es bei Amazon gewohnt ist und sich zur Benchmark entwickelt hat. Ist dies gegeben steigt die Bereitschaft kleinere, regionale, ethisch bewusstere Unternehmen zu bevorzugen. Diese Botschaften müssen Unternehmen kommunizieren und praktizieren. Der reibungslos funktionierende „online-shop“ ist eine Selbstverständlichkeit.
Daugherty, P. J., Bolumole, Y., & Grawe, S. J. (2019). The new age of customer impatience: An agenda for reawakening logistics customer service research. International Journal of Physical Distribution & Logistics Management, 49(1), 4–32.
eMarketer (2020), US Ecommerce Channel Ad Spending Will Jump Nearly 40% This Year to More than $17 Billion [Zugriff: 12.07.2022], : https://www.insiderintelligence.com/content/us-ecommerce-channel-ad-spending-will-jump-nearly-40-this-year-more-than-17-billion.
eMarketer (2022). Global ecommerce Forecast 2022 – As 2-Year Boom Subsides, Plenty of Bright Spots Remain [Zugriff: 14.07.2022], https://www.insiderintelligence.com/content/global-ecommerce-forecast-2022.
Hagberg, J., Sundstrom, M., & Egels-Zandén, N. (2016). The digitalization of retailing: An exploratory framework. International Journal of Retail & Distribution Management, 44(7), 694–712.
Jelodari Mamaghani, E., & Davari, S. (2020). The bi-objective periodic closed loop network design problem. Expert Systems with Applications, 144, 113068.
Melnyk, S. A., & Stanton, D. J. (2017). The customer-centric supply chain. Supply Chain Management Review, 20(12), 28–39.
Sánchez-González, I., Gil-Saura, I., & Ruiz-Molina, M. (2020): Ethically Minded Consumer Behavior, Retailers’ Commitment to Sustainable Development, and Store Equity in Hypermarkets, in Sustainability (Basel, Switzerland), 12, 8041
Solon, O., & Wong, J. C. (2018). Jeff Bezos vs the world: Why all companies fear ‘death by Amazon’. The Guardian. [Zugriff: 12.07.2022]: https://www.theguardian.com/technology/2018/apr/24/amazon-jeff-bezos-customer-data-industries.
Vollero, A. ,Sardanelli, D. & Siano, A. (2021): Exploring the role of the Amazon effect on customer expectations: An analysis of user-generated content in consumer electronics retailing, in Journal of Consumer Behavior, S. 1-12 [Zugriff 8.7.2022] https://onlinelibrary.wiley.com/doi/10.1002/cb.1969
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