Seid ihr nach einer ausführlichen Abhandlung des Theorieteils nun endlich bereit für den empirischen Teil? Beschäftigt euch die Frage, welche Methode die Richtige ist? Good News: Ihr seid mit dieser Fragestellung nicht allein. Immer wieder werden wir von Studierenden nach Tipps für die Methodenwahl gefragt. Nun möchten wir diesen „How to…“ Artikel dazu nutzen, um euch praxisnahe Tipps und Tricks für die Methodenwahl zu geben.
Bevor wir jedoch mit den Hands-on-Tipps loslegen, benötigt ihr folgende Ausgangssituation:
Könnt ihr unter diese vier Punkte einen Haken setzen? Dann seid ihr definitiv ready, fundierte Entscheidungen hinsichtlich der Methode zu treffen.
Grundsätzlich werden Forschungsmethoden zwei Metaebenen zugeordnet: Theory Building (vorrangig durch Qualitative Forschung) und Theory Testing (vorrangig durch Quantitative Forschung). Diesen beiden Hauptbegriffen unterstehen dann jeweils spezifische Methoden.
Wichtig: Bei der Methodenwahl dreht sich alles um die eine Fragestellung: „Welche Methode liefert uns den größten und qualitativ hochwertigsten Output zur Beantwortung der Forschungsfrage?“ Heißt im Klartext, dass es besonders wichtig ist zu argumentieren, warum genau diese eine Methode die Richtige ist und die anderen nicht. Dabei solltet ihr die Vorteile der Methoden mit den Zielen eurer Untersuchung abgleichen, um den besten Fit zu finden.
In der wissenschaftlichen Arbeit gibt es kein Schwarz-Weiß-Denken, wodurch es für Studierende oft schwierig ist, die richtige Entscheidung zu treffen. Um dem entgegenzuwirken, haben wir versucht, einen Überblick zu geben, anhand welcher Faktoren ihr die richtige Methode auswählen könnt. Bitte bedenkt jedoch, dass dies nur ein Vorschlag ist und nicht immer auf jeden Fall 1:1 anwendbar ist.
Nun möchten wir euch ein paar typische Methoden im qualitativen sowie quantitativen Bereich vorstellen:
Interviews
Interviews zählen in der qualitativen Forschung wohl zu den am meist verwendeten Methoden von Studierenden für die Datenerhebung. Für die Erhebung wird typischerweise auf un- oder semi-strukturierte Interviews zurückgegriffen. Deren Ergebnisse ermöglichen uns die Interpretation von generalisierbaren Erkenntnissen, wodurch neue Theorie entstehen kann (Theory Construction). Die Datenquelle ist je nach Untersuchungsziel unterschiedlich. Es können z. B. Expert*innen, Kund*innen etc. befragt werden. Achtung: bevor ihr mit dem Recruiting startet, benötigt ihr eine genau Definition, welche Faktoren beispielsweise eine Expert*in in eurem Bereich ausmacht. Die Anzahl der zu interviewenden Personen ist stark von eurem Thema und der theoretischen Sättigung abhängig. Kontaktiert hierzu am besten eure*n Betreuer*in oder unser Department. Generell beziehen wir uns im induktiven Forschungsbereich (keine Codes in der Theorie vorhanden) meist auf un- oder semi-strukturierte Interviews, deren Ergebnisse es uns ermöglichen, generalisierbare Erkenntnisse so zu interpretieren, dass Theorie entstehen kann (Theory Construction).
Ein Beispiel: Hannah, D. P., & Eisenhardt, K. M. (2018). How firms navigate cooperation and competition in nascent ecosystems. Strategic Management Journal, 39(12), 3163–3192. https://doi.org/10.1002/smj.2750 (die übergreifende Methode entspricht hier zwar stark einer Case Study, jedoch erläutern die Autor*innen auf S. 3170 sehr gut, wie die Interviews durchgeführt wurden).
Fokusgruppeninterviews
Fokusgruppen sind eine Form der Datenerhebung, bei der mehrere Proband*innen (ca. 5-10 Personen) zu einem gegeben Sachverhalt miteinander diskutieren. Das Diskutieren in der Gruppe fördert die Denkprozesse der Proband*innen, wodurch vertiefte Ansichten erwartet werden können, die vielleicht bei einem Einzelinterview nicht zum Vorschein gekommen wären. Besonders gut eignet sich diese Methode beispielsweise, wenn es um die Identifikation von Einflussfaktoren im Konsumentenverhalten, Produktbewertungen etc. geht. Bei sensiblen Themen oder Expertenrunden aus konkurrierenden Unternehmen ist jedoch Vorsicht geboten, da aufgrund unangenehmer Themen oder sensibler Informationen die Diskussionsfreude sinkt. Die Anzahl der Gruppen variiert ebenso wie bei den Interviews auf Basis der theoretischen Sättigung.
Für mehr Informationen zu dieser Methode empfehlen wir folgende Literatur: Mayerhofer, W. (2007). Das Fokusgruppeninterview. In R. Buber & H. H. Holzmüller (Eds.), Qualitative Marktforschung. Konzepte, Methoden, Analysen (pp. 479–490). Gabler. https://doi.org/10.1007/978-3-8349-9258-1_30 oder Malhotra, N. K., Nunan, D., & Birks, D. F. (2017). Marketing Research. An applied Approach (5th ed.). Pearson.
Case Study
In der qualitativen Forschung werden Case Studies gerne als Grundlage zur Theory Construction verwendet. Der*die Forscher*in hat die Möglichkeit, ein Phänomen an ausgewählten Unternehmen in einem hohen Detailgrad zu untersuchen. Unsere Empfehlung hierzu: Eisenhardt, K. M. (1989). Building Theories from Case Study Research. The Academy of Management Review, 14(4), 532–550. https://doi.org/10.2307/258557.
Eine Case Study kann mehrere Datenquellen umfassen, sowohl Primär- als auch Sekundärquellen. Das könnten zum Beispiel interne Informanten, externe Interviews, Blogartikel der Unternehmen, Pressemitteilungen, Jahresberichte und weitere Archivdaten sein. Ein besonderes Augenmerk wird bei dieser Methode auf das Sampling gelegt. Dies ist meist theoretisch und purposive. Ein gutes Beispiel für eine Studie ist McDonald, R., & Gao, C. (2019). Pivoting Isn’t Enough? Managing Strategic Reorientation in New Ventures. Organization Science, 30(6), 1289–1318. https://doi.org/10.1287/orsc.2019.1287.
Fragebogenmethode (Survey Research)
Die quantitative Fragebogenmethode ist eine der am häufigsten verwendeten Methoden in der empirischen Sozialforschung. Dabei werden Personen zu ihren Meinungen, Einstellungen, oder Verhaltensweisen befragt, wobei dies unter Anwendung vorformulierter Fragen und Antwortmöglichkeiten erfolgt. In der Regel werden Fragebogenerhebungen online mit Hilfe von Tools, wie etwa Unipark an der FH CAMPUS 02, durchgeführt. Dadurch lässt sich relativ kostengünstig eine große Anzahl von Proband*innen erreichen, wobei auch hier zunächst auf die Stichprobenauswahl geachtet werden sollte.
Die Fragebogenmethode kann zu Verzerrungen führen, wenn Fragen nicht sorgfältig formuliert sind. Achtet darauf, die Fragen verständlich zu formulieren, Mehrdeutigkeiten zu vermeiden, eine adäquate Skalierung der Antworten (z. B. fünfstufige Likert-Skala) zu wählen, und den Fragebogen vorab zu testen.
Eine Besonderheit der wissenschaftlichen Fragebogenmethode im Gegensatz zu alltäglichen Umfragen besteht darin, dass ihr die Fragen nicht selbst entwickeln solltet, sondern auf bestehende Fragebögen (=etablierte Skalen) aus der Literatur zurückgreifen müsst. Diese sind bereits von anderen Forschern entwickelt und validiert worden und haben sich darin bewährt, die gewünschten Konstrukte zu messen. Beispielsweise solltet ihr nicht selbst Fragen zur Messung von Konsumentenloyalität entwerfen, sondern jene Fragen verwenden, die die Wissenschaft bereits verwendet, um genau dieses Konstrukt zu messen.
Experiment
Das Experiment ist eine Spezialform der empirischen Sozialforschung, bei der die Auswirkungen eines Reizes oder Stimulus auf eine Gruppe von Personen untersucht werden. Dabei werden bspw. zwei Gruppen von Personen gebildet, von denen eine Gruppe den Stimulus (z. B. ein lustiges Werbevideo) sieht, und die andere Gruppe nicht. Die Ergebnisse des Experiments werden dann miteinander verglichen, um die Auswirkungen des Stimulus zu ermitteln. Das Experiment ist folglich eine beliebte Methode, um Ursache-Wirkungs-Beziehungen zu untersuchen. Es ermöglicht, die Wirkung eines Reizes auf eine Gruppe von Personen zu isolieren und von anderen Faktoren zu unterscheiden.
Data Mining
Data Mining beschreibt als Spezialform der quantitativen Sozialforschung die Erhebung und Analyse äußerst großer Datenmengen mit dem Ziel, Muster und Zusammenhänge in den Daten zu erkennen. Data Mining wird in vielen Bereichen der Sozialforschung eingesetzt und kann beispielsweise verwendet werden, um den Einfluss von Social Media Kommentaren auf das Kaufverhalten zu adressieren. Ein großer Vorteil von Data Mining liegt in der Analyse enormer Datenmengen, die mit herkömmlichen Methoden nicht zu bewältigen wären. Jedoch ist insofern Vorsicht geboten, als dass es zu Fehlinterpretationen kommen kann, wenn die Daten nicht sorgfältig analysiert werden.
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Wenn ihr mehr hierzu wissen möchtet, schreib uns einfach unter dietmar.kappel@campus02.at, https://www.linkedin.com/in/dietmarkappel/ oder kontaktiert unserer Department – Wir helfen euch sehr gerne weiter, natürlich auch wenn ihr keine Studierenden mehr seid und weitere Fragen zum Thema Methodenwahl habt.
Viel Spaß beim Forschen und Schreiben,
Dietmar & Sophie
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